Der Blog von der Kinderbotschafterin Isabel Ebner
In den letzten Jahren haben wir in verschiedenen Ländern, vor allem in Österreich, einen Anstieg von Femiziden zu verzeichnen, die eng mit dem Ende von Beziehungen verknüpft sind. Wenn wir versuchen, dieses komplexe und tragische Phänomen zu verstehen, müssen wir tiefer in die Dynamik von Beziehungen und die Faktoren, die zu extremer Gewalt führen, eintauchen.
Vier Hauptfaktoren zeichnen sich in vielen dieser tragischen Fälle ab:
Motiv der Kontrolle und Besitz: Ein Großteil der Femizide tritt in Beziehungen auf, in denen der Täter versucht, Kontrolle und Macht über das Opfer auszuüben. Wenn das Opfer versucht, sich aus dieser Beziehung zu befreien, indem es sich trennt oder scheiden lässt, kann dies den Täter zu extremer Gewalt motivieren, da er das Gefühl hat, die Kontrolle zu verlieren. Wer das Gefühl hat, die Kontrolle zu verlieren, läuft in Gefahr, in eine Abwärtsspirale der Angst zu geraten, die in einer regelrechten Furcht vor dem Verrückt werden gipfeln kann. Die Angst, die Kontrolle zu verlieren, sprich die unbewusste Panik vor dem Verrückt werden, in die der Täter durch den tatsächlichen oder scheinbaren Kontrollverlust gerät, wenn sich das Opfer schließlich seiner Einflusssphäre durch Trennung oder Scheidung entzieht, braucht und schafft sich dann auch ein Ventil.
Eskalation der Gewalt: Gewalt in Beziehungen eskaliert oft über die Zeit. Was irgendwann als verbale oder emotionale Gewalt beginnt, kann später - zu fortgeschrittener Beziehungsdauer, wenn man es übersieht, an Respektlosigkeiten, Abwertungen und anderen problematischen Beziehungs- und Kommunikationsmustern lösungsorientiert zu arbeiten, in körperliche Gewalt ausarten. Scheidung oder Trennung kann gewalttätige Eskalationen beschleunigen, besonders wenn beim Täter der Eindruck hinzukommt, nichts mehr zu verlieren zu haben.
Faktor Eifersucht: In manchen Fällen kann der Täter aufgrund von Eifersucht oder dem Glauben, dass das Opfer einen anderen Partner gefunden hat, zu Gewalt neigen. Der Täter fühlt sich als Opfer: es ist ihm nicht nur seine wichtige, einst geliebte Bezugsperson abhanden gekommen, auch Rolle und Wichtigkeit, über die er sich möglicherweise identitätsstiftend definiert hat, sind ihm abhanden gekommen und wurden/werden nun von einer anderen Person ersetzt. Der Täter fühlt sich in solchen Fällen oft unwichtig, ausgeschlossen, austauschbar und gleichzeitig weggeschmissen, was seine Kränkung in ihrer Intensität ordentlich steigern kann.
Sozioökonomische Faktoren: Scheidung und Trennung können finanzielle und soziale Herausforderungen mit sich bringen. In einigen Fällen kann der Stress, der durch diese Veränderungen verursacht wird, zu Gewalt führen. Hier treten Mangelerscheinungen diverser Art zum Vorschein. Unbefriedigt gebliebene Bedürfnisse und Gerechtigkeitsgefühle raufen sich mit Neid und der Angst davor zu kurz zu kommen oder zu kurz gekommen zu sein und in naher oder ferner Zukunft ausgebeutet zu werden und leer auszugehen.
Im Folgenden werden wir diese Faktoren näher untersuchen und versuchen, Lösungsansätze zu finden, die dazu beitragen können, solche Tragödien in der Zukunft zu verhindern.
In einer Welt, in der Leistung und Selbstoptimierung oft im Mittelpunkt stehen, haben negativ bewertete Gefühle und Emotionen häufig keinen Platz. Zorn, Wut, Hass, Neid, Gier, Verzweiflung – sie werden oft tabuisiert und unter den Teppich gekehrt. Diese Verdrängung kann jedoch schwerwiegende Folgen haben.
Das Unterdrücken und Ignorieren von Gefühlen ist nicht nur psychisch, sondern oft auch physisch schädlich. Unsere Gefühle und Emotionen sind eng mit unserem Körper verknüpft. Wenn wir sie nicht ausdrücken oder verarbeiten, können sie sich in Form von körperlichen Beschwerden und Krankheiten manifestieren. Depressionen, Angstzustände und sogar chronische Schmerzen können die Folge von unausgesprochenen oder unterdrückten Emotionen sein.
Zudem hat das Tabuisieren von Emotionen direkte Auswirkungen auf unsere Beziehungen. Wenn wir unsere Gefühle nicht wahrnehmen und angemessen kommunizieren können, entsteht zwischen den Partnern oft ein Gefühl der Entfremdung. Missverständnisse können sich häufen und Konflikte eskalieren. Die Basis für eine gesunde und vertrauensvolle Beziehung erodiert.
In Fällen von Gewalt und Aggression ist es verständlich, dass unser erster Instinkt ist, das Opfer zu unterstützen und den Täter zu verurteilen. Doch diese Schwarz-Weiß-Sichtweise ist nicht immer hilfreich.
Opfer benötigen zweifellos unser Mitgefühl und unsere Unterstützung. Doch auch Täter sind in vielen Fällen selbst Opfer – Opfer ihrer eigenen verdrängten Gefühle, ihrer Erziehung, ihrer Lebensumstände. Dies rechtfertigt keinesfalls ihre Taten, doch es kann helfen, das Gesamtbild und den Entstehungsprozess einer nicht wieder gut zu machenden Eskalationshandlung, zu verstehen.
Das Mitgefühl für Täter ist nicht gleichbedeutend mit Akzeptanz oder Entschuldigung ihrer Handlungen. Es bedeutet vielmehr, die tieferliegenden Gründe und Faktoren zu erkennen, die zu solchen Taten führen könnten. Nur durch dieses Verständnis können präventive Maßnahmen und Therapieansätze entwickelt werden, die darauf abzielen, zukünftige Taten zu verhindern. Meine Erfahrung und These ist, dass ohne Mitgefühl für Täter zu entwickeln und eine solche Grundhaltung in präventive Opferschutzmaßnahmen einzubauen, haben eben diese Opferschutzmaßnahmen keine oder nur eine sehr geringe Wirkkraft. In meinem nächsten Blogbeitrag werde ich auf dieses Thema näher eingehen.
Eine Gesellschaft, die lernt, alle Gefühle und Emotionen zu akzeptieren und zu verarbeiten, wird letztlich gesünder und harmonischer sein. Indem wir Mitgefühl sowohl für Opfer als auch für Täter zeigen, bewegen wir uns in Richtung einer solchen Gesellschaft und schaffen Raum für Heilung und Veränderung.
Es gilt zu bedenken: Kaum ein Täter schädigt eine andere Person aus Jux und Tollerei oder weil es ihm (bzw. ihr) Freude macht. Die Ursachen für schädigendes Verhalten gegenüber dritten Personen lassen sich in einem tiefen Mangelempfinden im häufig traumatisierten Innenleben des Schädigers finden. Diese Wahrheit gilt aus meiner Sicht selbst für schädigende Handlungen stark sadistisch handelnder und geprägter Menschen bzw. TäterInnen.
Eines der wohl traumatischsten Erlebnisse, die ein Kind erfahren kann, ist, wie es leider immer wieder passiert, einen getöteten Elternteil zu finden. Ein solch grauenvolle Bild kann sich in der Seele des Kindes einbrennen und es ein Leben lang mit schwerwiegenden psychologischen Folgen belasten. Berichte in den Nachrichten, in denen Kinder den getöteten Elternteil finden, lassen uns erschauern. Will das ein Elternteil? Will oder bedenkt das der gewalttätige - in seiner Handlung ausrastende - Täter? Wohl kaum wünscht sich ein Vater oder eine Mutter fürs eigene Kind einen Seelen-Horror dieser Art.
Für Kinder, die in ihrem tiefsten Inneren eine bedingungslose Liebe zu beiden Elternteilen empfinden, ist es essenziell, dass ihre Eltern lernen, ihre Emotionen zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort auszudrücken. Dies schafft nicht nur ein sichereres Umfeld für das Kind, sondern gibt ihm auch ein Modell, wie es konstruktiv mit seinen eigenen Gefühlen umgehen kann, insbesondere in Gegenwart von anderen.
Die Realität ist, dass jeder von uns – unabhängig von Geschlecht, Alter oder sozialem Hintergrund – mit negativ bewerteten und oft tabuisierten Emotionen zu kämpfen hat. Der Unterschied liegt darin, wie gut wir diese Emotionen steuern und verarbeiten können. Wenn wir dieser Lernverpflichtung nachkommen und uns mit diesen Emotionen auseinandersetzen, können wir nicht nur die Anzahl von Femiziden verringern und Kindern Horror und Traumata ersparen, sondern auch global zur Reduzierung von Konflikten und Kriegen beitragen. Deshalb liegt ein Schwerpunkt meiner Elternbegleitung darin, mit Eltern lösungsorientiert an diesen verdrängten und oft destruktiv wirkenden Emotionen zu arbeiten. Was nämlich gerne übersehen wird: Gerade in den negativ bewerteten, tabuisierten, "grauslichen" Gefühls-Emotionen steckt enorm viel Vitalität, Kraft und Potenzial => Energie, die transformiert, richtig und Sinn-bringend eingesetzt, zu einem wertvollen Antreiber und Lebensmotor für wahrhaftige Fülle, Liebe und Lebensfreude werden kann.
Handeln für eine bessere Zukunft
Eine harmonische Familienatmosphäre beginnt mit dem Verständnis und der Annahme unserer eigenen Gefühle und Emotionen. Der erste Schritt zu innerem Frieden und Harmonie in der Familie ist getan, wenn man bereit ist, sich weiterzubilden und zu lernen. Ich lade dich daher ein, den kostenfreien Workshop "Familienharmonie steigern für Trennungs- und Scheidungskinder" zu besuchen. Dies könnte der Wendepunkt sein, den du und deine Familie brauchen.
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ÜBER DIE AUTORIN
Isabel Ebner
Seit 2006 begleite ich hunderte Eltern als Beziehungsberaterin durch den Dschungel von Beziehungskonflikten, 10 Jahre davon im Rahmen und Auftrag der österreichischen Kinder- und Jugendhilfe.
Als Psychologin, Lebens- und Sozialberaterin, Kinderbotschafterin und Autorin sehe ich mich als Wort und Stimme beide Eltern liebender Kinder. “Dem Kleinen eine starke Stimme geben” lautet meine Mission. “Glückliche Eltern, unbeschwerte Kinder” ist meine Devise.
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